Die Politik muss sich bewegen – zum Wohl alter Menschen

Die ARGE Freie München sieht Finanzierungsnot bei haushaltsnahen Diensten

Konservativ geschätzt leben in München 5.000 bis 10.000 Menschen über 65 Jahre, die dringend Hilfen im Haushalt, beim Einkaufen oder bei Fahrten zum Arzt bräuchten, sich das aber nicht leisten können. Schlichtweg, weil sie in eine Lücke fallen: Sie bekommen zum einen keine Sozialleistungen und haben zum anderen auch keinen Pflegegrad, bei dem die Kasse dann für diese Dienste aufkommen würde. Diese problematische Situation stand im Mittelpunkt des Fachtags „Haushaltsnahe Dienste – Möglichkeiten und Grenzen der Versorgung einkommensschwacher älterer Menschen“, den die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in München (ARGE) organisierte und an dem rund 150 Interessierte teilnahmen.

Kritisch sei vor allem, dass sich verschiedene Problembereiche überlagern und ein regelrechtes „Minenfeld“ bilden, sagte Professor Egon Endres von der Katholischen Stiftungshochschule. So gebe es einen ganzen Berg von rechtlichen Vorschriften, an dem sich vieles andere dann „verhakelt“. Beispielsweise wenn Behörden ehrenamtliche Mitarbeit gegen Aufwandsentschädigung als Schwarzarbeit einstufen. Der Fachtag wolle deshalb einen „politischen Stein ins Rollen bringen“, damit nicht noch mehr ältere Menschen in diese prekäre kommen. Seine Prognose: „Die Zahlen werden explosionsartig zunehmen.“ Erschwerend komme noch dazu, dass sich viele Betroffene schämen, ihren Hilfebedarf öffentlich zu melden.

Willibald Strobel-Wintergerst, Leiter des Caritas-Zentrums München-Mitte, sagte, es handle sich hier um einen „hochbrisanten Personenkreis“: Der Fachtag verstehe sich als „Impuls an die Politik, hier endlich den Regelungsbedarf zu sehen“. Gerade in Bayern fehlten die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen. Auch der Bund sei hier gefordert: Er müsse den Kommunen erlauben, das zu tun, wofür es einen Bedarf gibt.

Marion Ivakko vom Bayerischen Roten Kreuz sprach sich für die Gründung von „Sozialgenossenschaften“ aus, bei denen es zum gegenseitigen Austausch von Hilfewilligen und Hilfebedürftigen kommen könne. Allerdings sei das ein rechtlich relativ schwieriges Konstrukt, gab sie zu bedenken.

ARGE-Sprecher Günther Bauer plädierte dafür, die Thematik „aus Sicht der Betroffenen zu sehen“; dann sei klar, „dass sich die Politik bewegen muss“. Anbieter von haushaltsnahen Diensten müssten endlich „das tun dürfen, was alten Leuten hilft“. Um aus der Schwarzarbeits-Falle“ herauszukommen, schlug er eine eigene Kategorie der Beschäftigung vor, die zwischen dem 1. Arbeitsmarkt und ehrenamtlicher Tätigkeit angesiedelt sein müsse. Dafür brauche es eine „gesetzliche Spezialregelung“, so Bauer. In Anlehnung an die „BuFdis“ müsse man vielleicht „HauDis“ schaffen, die eben haushaltsnahe Dienste erledigen. Dies könnten beispielsweise junge Leute sein, die sich beruflich orientieren wollen. Volkswirtschaftlich seien das auch keine Petitessen, über die man da rede: Wenn nur 5.000 Personen eine Stunde pro Tag zu versorgen seien und dafür ein Stundenlohn von 20 Euro angenommen werde, belaufe sich der Aufwand auf fünf Millionen Euro pro Jahr, bei drei Stunden wären das 15 Millionen. Bauer: „Das ist keine Sache, die selbst eine so reiche Stadt wie München mal eben schultern kann.“

Klaus Honigschnabel/IM München

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Arge Freie München
Federführung: Paritätischer Wohlfahrtsverband Bezirk Oberbayern

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