Halbzeit der Rathauskoalition
Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege München zieht Bilanz: Wohnen, Integration, Bildung, Arbeit/Beschäftigung, Alter/Gesundheit, Verwaltung
Die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in München (Arge Freie) hat die Arbeit der Münchner Rathauskoalition unter die Lupe genommen. Auf der heutigen Pressekonferenz im Münchner Ratskeller zogen die Vertreter/innen der Münchner Wohlfahrtsverbände Bilanz zur Halbzeit der Legislaturperiode:
Beim städtischen Engagement im (sozialen) Wohnungsbau gebe es mit mehr als 36.000 in den Jahren 2012 bis 2016 fertig gestellten Wohnungen positive Entwicklungen. Das Ziel von 7.000 pro Jahr gebauten Sozialwohnungen wurde 2016 immerhin auf 8.500 erhöht. Davon wurden tatsächlich 7.816 fertig gestellt.
Allerdings müsse die Stadt, wie auch Bund und Land noch mehr investieren.
„Da ist locker das Doppelte oder Dreifache drin“, sagte Norbert J. Huber, Sprecher der Arge Freie und Geschäftsführer der Caritas München. Auch würden die freien Träger selbst Wohnungen für ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen bauen, wenn sie dafür Grundstücke von der Kommune zum Beispiel in Erbpacht mit günstigem Pachtzins bekämen. Dringend benötigte Fachkräfte könne man zudem eher finden, wenn man günstige Mitarbeiterwohnungen anbieten könne. Zur Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen gebe es bisher kein gesamtstädtisches Konzept. Wohnen müsse in München für alle Menschen möglich sein.
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Der Geschäftsführer der Inneren Mission München, Günther Bauer, lobte das Engagement der Stadt in der Flüchtlingshilfe. „Die Münchner Willkommenskultur und der menschenwürdige Umgang mit Geflüchteten hat sich in die Welt hinausgeprägt,“ so Bauer.
Den Slogan „Refugees Welcome“ habe ganz München in die Tat umgesetzt. Nachbessern müsse die Stadt jedoch bei den Unbegleiteten Minderjährigen AusländerInnen.
Zudem sei der Standort des Young Refugee Centers kritisch zu sehen, eine entsprechende Jugendhilfeplanung sei notwendig. Für die zweite Halbzeit sieht Günther Bauer vor allem folgenden Handlungsbedarf: Die Migrationsberatung müsse dringend ausgebaut werden und die Asylsozialberatung sowie weitere Unterstützungsangebote in die Regelfinanzierung übergehen. Die freien Träger könnten nicht dauerhaft Eigenmittel einbringen.
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Marion Ivakko, stellvertretende Geschäftsführerin des BRK-Kreisverbands München, lobte im Bereich Bildung den quantitativen Ausbau der Kindertageseinrichtungen und forderte zugleich deren qualitativen Ausbau.
„Gebäude müssen mit guten Inhalten gefüllt werden,“ so Ivakko. Das gelte auch für die Schulbauoffensive und Ganztagsbildung. Nach wie vor fehle Fachpersonal, so dass Betreuungszeiten und Gruppen reduziert werden müssten.
Wird der Betreuungsschlüssel für eine bestimmte Zeit unterschritten, verlangt der Freistaat nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG) mitunter viel Geld zurück. Das seien sehr hohe Risiken. Die Stadt solle im Sinne der Gleichbehandlung fehlende Zuschüsse über Härtefallregelungen ausgleichen, wie es bei städtischen Kitas wohl möglich sei. Chancengleichheit für alle Kinder, vor allem aus nicht muttersprachlichen Familien oder mit alleinerziehenden Elternteilen müsse besser umgesetzt werden.
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Karin Majewski, Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, forderte für München einen echten Dritten Arbeitsmarkt.
Es müssten endlich unbefristete sozialversicherungspflichtige Stellen für Langzeitarbeitslose geschaffen werden.
„Das war eine zentrale Vereinbarung der Rathauskoalition und ist nicht annähernd umgesetzt“, so Majewski. Die nach einem Stadtratsbeschluss geschaffenen 100 sozialversicherungspflichtigen Stellen seien alle befristet, weitere sogenannte Soziale-Hilfe-Stellen seien nicht einmal sozialversicherungspflichtig.
Von den 100 Stellen seien gerade mal 16 besetzt. Zynisch nannte sie, die Selbsteinschätzung des Referats für Arbeit und Wirtschaft (RAW) „dies sei ein guter Anfang“.
„Die Hürden sind zu hoch“, so Majewski. „Das Konzept geht nicht auf. Deshalb muss ein neues her. Und zwar schnell!“ Notfalls müsse die Stadt in Brüssel eben Sonderreglungen für ihr kommunales Programm erwirken.
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Christoph Frey, Geschäftsführer der AWO München, lobte im Bereich Alter und Gesundheit den Ausbau der Alten- und Service-Zentren (ASZ) zu ASZ plus.
Das von der Stadt als freiwillige Leistung geförderte Plus sieht präventive Hausbesuche bei älteren Menschen vor, um rechtzeitig Hilfebedarfe zu erkennen. Viele der insgesamt 32 ASZ bieten einen günstigen Mittagstisch.
„Viele Ältere sind von Armut und Einsamkeit betroffen und können sich so einmal am Tag mit einer warmen Mahlzeit versorgen und dabei in Kontakt mit anderen kommen“, so Frey. Allerdings werde das hauswirtschaftliche Personal bisher nur über Sondermittel finanziert, es bedürfe einer öffentlichen Förderung. Für hochwertige Versorgungsangebote müsse die Stadt München investieren. Alten- und Pflegeheime müssten zudem umgebaut werden, um dem neuen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz gerecht zu werden. Das erfordere in den nächsten Jahren Investitionen in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro.
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Olga Albrandt, Leiterin der Sozialabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, hat die Verwaltungsabläufe unter die Lupe genommen:
Sie forderte Transparenz, Beteiligung und Partnerschaft von der Stadt. Im Sinne des Subsidiaritätsgedankens trügen die Wohlfahrtsverbände gerne gemeinsam mit den öffentlichen Trägern die Verantwortung, brauchten dazu aber gewisse Rahmenbedingungen, zu denen auch schlanke Verwaltungsabläufe gehörten.
„Wir brauchen beispielsweise rechtsgültige, verbindliche Bescheide jeweils zum Jahresanfang, um verbindlich planen zu können“, so Albrandt. „Außerdem muss eine unterjährige Nachsteuerung möglich sein.“ Albrandt begrüßte weiterhin die längst fällige Erhöhung der Verwaltungskostenpauschale auf 7,5 beziehungsweise 9,5 Prozent. Verbesserungswürdig bleibe die Zusammenarbeit der verschiedenen städtischen Referate mit Blick auf einheitliche und schlanke Verwaltungsabläufe.
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Die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege ist der Zusammenschluss der sechs Münchner Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege: Arbeiterwohlfahrt (AWO), Kreisverband München Stadt e.V., BRK-Kreisverband München, Caritasverband der Erzdiözese München und Freising e.V., Innere Mission München Diakonie in München und Oberbayern e.V., Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern e.V., und Paritätischer Wohlfahrtsverband, Bezirksverband Oberbayern e.V. Sie kooperiert mit Zusammenschlüssen freier Träger wie dem Münchner Trichter e.V., dem Kreisjugendring München Stadt K.d.ö.R. und REGSAM – Regionale Netzwerke für soziale Arbeit in München. In den sechs Spitzenverbänden sind 1.200 Einrichtungen, Dienste und Projekte in München mit insgesamt 12.600 Beschäftigten und Tausenden Ehrenamtlichen vertreten. Weitere Informationen unter: www.arge-freie-muenchen.de.
Foto: Rätz/Caritas München
Kontakt
Arge Freie München
Federführung: Paritätischer Wohlfahrtsverband Bezirk Oberbayern
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